Honorary Mention
Mit SLAP möchte ich die Robotik nicht nur verständlich, sondern auch wirklich zugänglich machen. Clifford Nass zog den Vergleich von Robotern mit domestizierten Tieren. Sie sind nützlich, aber auch gefährlich. Aber wie kommunizieren wir mit Tieren? Können wir sie spüren? Wie funktioniert es?
Glücklicherweise habe ich drei Ponys, die gerne als Versuchskaninchen dienen. Gemeinsam sind wir als kleiner Stamm jahrelang durch die Wälder gewütet. Daher muss eine gewisse Kommunikation stattfinden. Sie sind für uns sowohl fremde, als auch vertraute Wesen. Und sie können viel kinetische Energie entwickeln. Die Neurowissenschaften haben ein Konzept für diese Interaktion namens Mind Reading. Es funktioniert mit Lebewesen: Während wir ihnen zusehen, spielen wir sie in unserem eigenen Kopf ab, wodurch eine Stimmung in uns aufkommt, die uns hilft, ihre nächsten Handlungen vorherzusagen. Die Rückkopplungsschleife zwischen Wahrnehmung, Vorhersage und Aktion funktioniert wechselseitig, ein endloser Prozess.
Jetzt versuche ich das auf eine neue Art und Weise mit meinen Ponys. Als ersten Schritt habe ich eine Kamera zwischen den Ohren eines der Ponys angebracht. Das Ergebnis war interessant zu beobachten, aber es fehlte etwas Wesentliches. Die Gegenseitigkeit fehlte – die daraus resultierenden Eindrücke blieben mir fremd.
Ich musste noch einen Schritt weitergehen und alle drei Ponys mit einer Kamera ausstatten. Ich versuchte immer, mich aus der Kamera herauszuhalten und wurde ab und zu zufällig erwischt, bis ich endlich begriff, dass dies das fehlende Stück war. Mit vier Kameras, drei Ponys, einem Menschen: Der gegenseitige Zyklus von Wahrnehmung, Vorhersage und Aktion wurde sichtbar.
Wenn man mit Ponys interagiert, kann man keine tieferen Interaktionen oder reproduzierbare Aktivitäten planen. Aber man kann der Chance eine Chance geben, ein wenig provozieren – und etwas wird passieren. Das Herumwandern – der oben genannte Wutanfall – funktioniert perfekt. Als Beispiel habe ich einen Videoclip von einer Fahrradtour mit meinen Ponys beigefügt, auf dem sie durch ein Tor gehen. Schau dir das weiße Ohr an und wie es mir folgt, während das Pony vollkommen stillsteht. (http://seelikeapony.blogspot.com/2017/05/eine-radtour-mit-dem-e-fatbike1.html) Ich habe gelernt, wie Feedbackschleifen funktionieren, und es hat sich als sehr hilfreich für die Ingenieure und Designer der Roboterinteraktion erwiesen. Ich habe auch viel über mich selbst in Bezug auf diese Ponys gelernt – ich bin viel zu aufgeregt, sie sind cool. Für selbstfahrende Autos haben wir das sogenannte „Cooperative Car“ entwickelt, das einige Eigenschaften von meinen coolen Ponys übernommen hat.
Für mich hat es auch einen Hauch von Magie, wenn ich mir die Videos und die Bewegung der Ohren anschaue, das Fell so nah zu sehen und die Natur durch ihre Ohren zu beobachten. Ich hoffe, dass ich diesen magischen Moment mit jedem Zuschauer und jeder Zuschauerin teilen kann.
Credits
Video: Marcus Werner
Sabine Engelhardt studierte Bibliothekswesen in Mannheim und Stuttgart, sowie Kommunikationswissenschaften und Philosophie in Berlin. Für ihren Master konzentrierte sie sich auf die Mnemonik als computergestützte Wissensmanagement-Technik und trat bei Alexander Mankowsky in die Forschungsabteilung von Daimler ein. Seitdem ist sie bei Daimler Research und arbeitet in verschiedenen Bereichen wie Wissensmanagement und der weiblichen Perspektive auf Mobilität. Sie entwickelte das Parfümelement für die aktuellen Mercedes-Benz Automobile und liebt diesen Aspekt der Entwicklung neuer Parfüms in ihrem Job. SLAP stellt ein aufregendes neues Unterfangen dar.
Jury Statement
Stellen Sie sich vor, Sie fahren ein Auto. Wie erkennen Sie, was ein anderes Auto auf der Straße tun wird? Nun, was ist, wenn das andere Auto ein autonomes Fahrzeug ist? Würden und sollten Ihre Reaktionen anders sein? Fahren ist ein kollektiver, intuitiver Prozess, der auf angeeigneten Heuristiken, vermitteltem Wissen und einem gemeinsamen Verständnis mit den anderen FahrerInnen auf der Straße beruht. Durchschnittliche menschliche VerkehrsteilnehmerInnen verfügen derzeit weder über die Heuristiken und das Wissen noch über das Mitgefühl, um sicher und effektiv mit autonomen Fahrzeugen zu interagieren. Dies stellt ein erhebliches Problem für die öffentliche Sicherheit dar, eröffnet aber auch ein intensiveres Gespräch darüber, welche Auswirkungen autonomes Fahren und autonome Systeme im Allgemeinen auf den Menschen haben werden. Wie werden wir uns anpassen, und wie werden wir wiederum verändert?
Die Jury war der Meinung, dass Sabine Engelhardts Ponys ansprechend darstellen, wie autonome Fahrzeuge gestaltet werden können, damit deren Signale für den Menschen intuitiv verständlich sind. SLAP ist Teil der Daimler-Projektreihe zur Erforschung der Empathie bei selbstfahrenden Autos und untersucht die Anwendung biomimetischer Konstruktionsprinzipien auf diese neue Technologie. Mittels Kameras auf ihrem Kopf und dem ihrer Pferde kann Sabine Engelhardt die Reaktionen ihrer Pferde verfolgen, wenn sie durch Wiesen und Wälder wandern und auf Hindernisse stoßen. Die Positionierung der Pferdeohren und die Nuancen in ihren körperlichen Bewegungen lassen klare Kommunikationsmodalitäten beobachten, die unser Verständnis von der Rolle der Empathie zwischen Pferd und Reiter oder Reiterin bei der Navigation durch den Raum schärfen und zeigen, wie diese auf entstehende AV-Technologien angewendet werden kann. Im Zuge des zunehmenden Einsatzes autonomer Verkehrsmittel müssen neue Formen menschenzentrierter Signale entwickelt werden, die im Bewusstsein der psychosozialen Auswirkungen auf unsere Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeiten verankert sind. Die Komplexität dieses Elements der Mensch-Computer-Interaktion bei autonomen Fahrzeugen ist enorm, aber die Antworten könnten sich bereits im Stall verstecken.